15 Uhr Aktuell, Freitag, 14. Januar, Nr. 10/2000

Diepgens Arbeitgeber

Interview mit SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit

Berlin (az). Seit einem Monat ist er Chef der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus: Klaus Wowereit (46) gilt als Shooting-Star der Berliner Sozialdemokraten. 15 Uhr Aktuell sprach mit ihm über sein Amt, seine Ziele und die Situation der SPD.

15 Uhr Aktuell: Wie fühlt man sich als frischgebackener Fraktionschef, Herr Wowereit?
Wowereit: Sehr gut, weil man eine verantwortliche Position und sehr viel Einfluss hat. Andererseits frisst der Job viel Zeit - es ist ein Glück, dass der Tag nur 24 Stunden hat.
15 Uhr Aktuell: Wie groß ist der Einfluss der Regierungsfraktionen denn tatsächlich? Fallen die wichtigen Entscheidungen nicht im Senat?
Wowereit: Die Fraktionen arbeiten die Gesetze aus und verabschieden sie. Sie sind keineswegs nur ein Anhängsel des Senats. Eberhard Diepgen sagt dazu immer: "Die Fraktionsvorsitzenden sind meine Arbeitgeber"
15 Uhr Aktuell: Nach der Wahlniederlage im Oktober war bei der SPD viel von "Erneuerung" die Rede. Was bedeutet das für die Fraktionsarbeit?
Wowereit: Regieren, entscheiden, nicht aber: halbherzig opponieren. Die SPD wird bei ihren Themen Profil zeigen.
15 Uhr Aktuell: Auf das Thema Finanzen hat die SPD mit der Absetzung von Annette Fugmann-Heesing verzichtet.
Wowereit: Keineswegs! Es ist ja kein Geheimnis, dass ich das Finanzressort liebend gerne behalten hätte. Aber unsere jetzigen Ressorts sind Gestaltungsressorts, mit denen wir Akzente setzen können.
15 Uhr Aktuell: Noch mal zu den Finanzen: Überall wird gespart. Nur die Gehälter der Staatssekretäre sollen erhöht werden. Zieht die SPD da mit?
Wowereit: Es geht nicht um höhere Gehälter, sondern darum, dass Berlin konkurrenzfähig ist. In den anderen Bundesländern verdienen Staatssekretäre deutlich mehr. Wenn wir hier nicht nachziehen, bekommen wir keine guten Leute mehr nach Berlin.